Technikon: Zerstörschwellen

Übersicht

Generelle Beschreibung

Mit dem Aufkommen immer leistungsstärkerer Lasersysteme, wurden auch die Ansprüche an die alltäglichen Optiken größer, vor allem in Bezug auf die Widerstandsfähigkeit. Um dieses Verhalten durch eine Messgröße auszudrücken, wurde die Zerstörschwelle, im Englischen „laser induced damage threshold“ (LIDT) eingeführt. Damit wird die Schwelle der Laserleistung oder Energiedichte eines Pulses benannt, ab der die Materialien oder Beschichtungen einer Optik dauerhaft verändert oder beschädigt werden können. Durch die große Variabilität an Lasern und verschiedenen Angabe-Möglichkeiten der Zerstörschwelle, ist dies ein oft sehr undurchsichtiges und verwirrendes Thema. In diesem Kapitel werden daher eine Übersicht und grobe Erklärungen dieses Themas auf Basis der ISO 21254 gegeben.

Ein sehr wichtiger Punkt für die Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit von Optiken ist auch das Thema der Reinigung.

Energiedichte

Oft wird die Zerstörschwelle einer Optik als maximale Energiedichte oder auch Fluenz angegeben, welche die Pulsenergie bezogen auf die Ausleuchtungsfläche des Lasers im Fokus bezieht. Wichtige Angaben sind dabei nicht nur der Wert der Zerstörschwelle selbst, sondern auch unter welchen Bedingungen diese gemessen wurde, also Pulsdauer, Pulswiederholungsrate und Wellenlänge.

Leistungsdichte

Handelt es sich um cw (continuous-wave) Laser, macht eine Betrachtung der Pulsenergie keinen Sinn. Dafür gibt es eine Angabe über die Bestrahlungsstärke, welche die maximale Laserleistung pro Fläche (Einheit W/cm² oder W/mm²) beschreibt. Häufig ist auch eine Angabe über eine lineare Leistungsdichte zu sehen (Einheit W/cm oder W/mm). Ist die lineare Leistungsdichte des Lasers bekannt, entfällt so die Notwendigkeit den Strahldurchmesser bestimmen zu müssen.

Obwohl die Leistung auch als Laserpulsenergie geteilt durch die Pulsdauer bestimmt werden kann, ist eine solche Umrechnung für die Zerstörschwellenbetrachtung von Energiedichte zu Leistungsdichte nicht allgemein gültig. Grund dafür sind die unterschiedlichen Testbedingungen welche auch durch verschiedene Zerstörungsmechanismen zeigen.

Abhängigkeiten der Zerstörschwelle

Beschädigungen durch Laser hängen von sehr vielen Faktoren ab. Daher ist es nicht möglich eine einwandfreie Arbeitsleistung unter allen möglichen Gegebenheiten zu garantieren. In diesem Kapitel werden grobe Umrechnungen präsentiert. Um eine stabile und dauerhaft hohe Qualität der Optiken zu gewähren, wird empfohlen unter 50% der angegebenen Zerstörschwellen zu bleiben. Verwendung nahe der Schwelle kann durch kleinste Schwankungen oder ungünstige Bedingungen zu dauerhaften Beschädigungen führen.

Neben der Laserpulsenergie oder der Laserleistung, hängt die Zerstörschwelle auch von der Wellenlänge λ [nm], der Pulswiederholrate R [typ. Hz – MHz], der Pulsdauer τ [fs – ms], dem Strahldurchmesser dL [μm – cm] bzw. dem Laserstrahlquerschnitt A [μm² – cm²] und der Pulsform ab. Natürlich beziehen sich einige dieser Werte nur auf gepulste Laser. Für cw-Laser sind nur Wellenlänge, Strahlprofil und Laserstrahldurchmesser von Bedeutung.

In manchen der folgenden Abhängigkeiten werden Beispiele gegeben. Diese dazu gegebene Zerstörschwelle wird als 1J/cm² angenommen und wurde bei 1064nm mit einer Pulsdauer von 1ns und einer Wiederholrate von 50Hz gemessen.

Wellenlänge

Für Unterschiede der benutzen Wellenlänge zur Wellenlänge des Zerstörschwellentests ist eine Anpassung des Grenzwertes nötig. Die Energie eines Photons hängt von der Wellenlänge mit folgender Formel ab:

Dieser Zusammenhang lässt sich auch durch direkte Proportionalität auf die Zerstörschwelle beziehen, eine Halbierung der Wellenlänge führt zu einer Halbierung der Zerstörschwelle. Dabei gilt aber zu beachten, dass dies nur als grobe Abschätzung dient und je nach Beschichtungsmaterialien die Zerstörschwelle bei kürzeren Wellenlängen nochmals deutlich niedriger liegen kann! Daher werden Angaben zur Zerstörschwelle auch sinnvollerweise im Wellenlängenbereich der Anwendung spezifiziert.

Pulsdauer τ

Die Abhängigkeit von der Pulsdauer skaliert mit der Quadratwurzel. Zum Beispiel hat ein 100 ns Puls ein etwa √ 100 = 10 mal niedrigeres Zerstörpotenzial, als ein Laser mit 1 ns Pulsen bei sonst gleichen Werten. Diese Abhängigkeit widerspricht oft der Intuition, da die zeitliche Abhängigkeit im Gegensatz zur Flächenabhängigkeit separat betrachtet wird: Berechnet man die Energiedichte des Laserstrahls, wird die Pulsenergie durch die Querschnittsfläche des Strahls geteilt. Jedoch wird dabei in keinster Weise darauf eingegangen, dass Laserpulse ihre gesamte Pulsenergie in ihrer Pulsdauer komprimieren. Das bedeutet, dass Pulse mit einer kurzen Pulsdauer, aber der gleichen gesamten Pulsenergie die gleiche Energiemenge in ein deutlich kürzeres Zeitintervall bündeln. Das führt zu höheren Spitzenleistungen und damit einem höheren Gefährdungspotential für die Optik.

 

Zusammengefasst ist die Zerstörschwelle für Laser kürzerer Pulse kleiner, da diese höhere Spitzenintensitäten aufweisen und damit die Wahrscheinlichkeit größer ist, Elemente eines Objektivs zu beschädigen. Es wird daher eine Umrechnung der Zerstörschwelle für verschiedene Pulsdauern notwendig, da diese nicht direkt berücksichtigt wird.

 

Es ist außerdem zu berücksichtigen, dass diese Umrechnung nur im Bereich von etwa 30 ps bis hin zu vielen ms Pulsdauer aussagekräftig ist. Unterhalb der 30 ps können durch Mutiphotonenabsorption neue Zerstörmechanismen auftreten, die die Zerstörschwelle der Optik deutlich herabsetzen.

 

Bei längeren Pulsen (τ > 0,1 ms), sollte außerdem auch die Zerstörschwelle für die Leistungsdichte betrachtet werden!

Pulswiederholfrequenz

Gepulste Laser mit hohen Wiederholraten können dem Verhalten von cw Lasern sehr ähnlich sein. Da dies von Absorption und Wärmeableitung der Materialien abhängig ist, gibt es keine zuverlässige Regel zur Bestimmung der Grenze, wann eine Optik durch thermische Effekte zerstört werden kann. Wenn eine Unsicherheit zu diesem Thema besteht, nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf. Wir helfen gerne weiter.

Laserstrahlgröße (Durchmesser oder Fläche)

Die Laserstrahlgröße hat einen immensen Einfluss auf die Widerstandsfähigkeit der optischen Materialien und Beschichtungen. Dies wird schnell an folgendem Beispiel ersichtlich: Angenommen ein 1064nm Laser mit einer Pulsenergie von 10mJ wird benutzt. Falls dieser mit einem Strahldurchmesser von 500 μm durch die Optik geht, hat er eine Energiedichte von F = 5.093J/cm² und würde damit das Beispielmaterial mit einer Zerstörschwelle von 1J/cm² sicher beschädigen. Wenn der Strahl hingegen auf 5mm Durchmesser aufgeweitet wird, beträgt die Energiedichte nur F=0.051J/cm² und das Material würde nicht beschädigt werden.

Pulsform

Die Faustregel der Pulsform ist einfach genannt: Bei der Betrachtung von maximalen Intensitäten besteht ein Unterschied zwischen einer Top-Hat Form und einem Gauß-Strahl. Dieser Unterschied führt dazu, dass die Zerstörschwelle für einen Gauß-Strahl nur etwa halb so groß ist, wie für eine Top-Hat Form.

Faustregel

Für eine schnelle Abschätzung der Zerstörschwelle für Ihre Applikation mit einer Pulsdauer von über 30ps, kann folgende Formel benutzt werden (Die spezifizierten Angaben werden als “spec” indiziert):

Als Beispiel dient ein Pulslaser mit einer Wellenlänge von 532 nm und 50 ns Pulsdauer. Die gegebene Zerstörschwelle liegt wieder bei 1 J/cm² und wurde bei 1064 nm mit einer Pulsdauer von 10 ns gemessen. Wie unten berechnet, ergibt sich eine Schwelle für diese Anwendung, die um den Faktor 1,12 größer ist.

Zerstörungsmechanismen

Die häufigsten Zerstörungsmechanismen hängen sehr von den Eigenschaften des Lasers ab, aber auch von Glas und Beschichtungsmaterialien in Bezug auf geometrische Eigenschaften, Wärmeleitung, Absorption, Fehlstellen, Homogenität und vielem mehr.

Bei der Benutzung eines cw Lasers oder Lasern mit langen Pulsen (μs), dominiert die thermische Absorption als Zerstörungsmechanismus. Die Beschädigung basiert auf Erhitzung des Materials durch den Laser bis zu Schmelzpunkten, irreversible Ausdehnungen oder Materialmodifikationen. Dieser Zerstörungsmechanismus kann auch bei Kurzpulslasern mit hohen Pulsraten (quasi-cw Laser) auftreten, wenn dem Material nicht genug Zeit zum Abkühlen zwischen einzelnen Pulsen gegeben wird.

Im Fall von Kurzpulslasern tritt eine neue Art an Zerstörungsmechanismus auf: An lokalen Defekten oder kleinsten Materialeinschlüssen findet durch die schlechte Wärmeanbindung dieser Partikel eine lokale Plasmabildung statt. Diese führt zu stressbedingten Durchbrüchen und Beschädigungen.

Außerdem, unter Benutzung von Ultrakurzpulslasern, ist die Photonenrate so hoch, dass zusätzlich Mehrphotonenabsorption auftreten kann. Dabei werden die Beschichtungsmaterialien ionisiert und es führt zu Durchbrüchen ab einer kritischen Elektronendichte.

Zerstörschwellen unserer Vergütungen

In der folgenden Tabelle stellen wir Messergebnisse zu Zerstörschwellen dar. Die Messungen fanden in einer sauberen Laborumgebung an mit Aceton gereinigten Proben statt. Auf Grund von Schwankungen bei Beschichtungsverfahren, der Geometrie der Optik und den speziellen Messbedingungen können die realen Zerstörschwellen deutlich kleiner sein. Eine typische Faustregel ist hierbei um einen Faktor von 5 bis 10. Die folgenden Angaben sind daher als Messergebnisse und nicht als Spezifikation zu verstehen. Im Zweifelsfall bitten wir Sie Rücksprache mit unserem erfahrenen Team zu halten, da wir sonst für den Schadensfall nicht aufkommen können.